wir dachten tatsächlich allen Ernstes, das wir wirklich gut vorbereitet wären für unsere erste Trekkingtour in Norwegen, die wir eingeplant hatten. Zu der berühmtesten aller Bergtouren des Landes sollte es gehen, hoch hinaus zum legendären Preikestolen der 604 Meter steil und fast senkrecht zum Lysefjord abfällt...
In schwedisch Lappland hatten wir uns ja schon reichlich darauf eingestimmt, auf die Bergwelt und die Herausforderungen die es dort geben kann.
Wir hatten echt aufgerüstet, jeder besaß mittlerweile gute Bergschuhe, vernünftige Wanderstöcke und jeder konnte einen kleinen Rucksack sogar sein eigen nennen.
Aber das wichtigste waren unsere unzähligen Erfahrungen die wir bis Dato gesammelt hatten, auch schwieriges, raues und unwegsames Gelände war kein Ding für uns. Konditionsmäßig trauten wir uns nun echt einiges zu...
Um die 8 Kilometer ist der Hike lang und 500 Höhenmeter müssen überwunden werden, passt, das wird ne schöne Tour dachten wir...
Die Landschaft dort ist wirklich sehr abwechslungsreich, es geht durch ein Waldstück, über ein Geröllfeld in einer Schlucht, entlang eines Steinpfades der sich an einer Bergwand windet und über das moorige Hochplateau "Krogebekk Myrane".
und irgendwann eröffnet sich dann der Blick auf die kleine Seenlandschaft "Tjødnane" mit ihren bunten Wimpeln die sich sanft im Wind hin und her bewegten und uns irgendwie an Tibet denken ließen...
sieht alles recht idyllisch und menschenleer aus findet ihr? Nein, das ist es leider nicht wirklich... die Realität ist eine andere:
echt nerviger als jeder Stau auf der Autobahn...
Irgendwann ging es dann glücklicherweise auf ein Plateau und die ganze Schieberei und Drängelei wurde erträglicher für uns, kein Wunder der "Raum" wurde größer...
und nicht nur das, auch der Predigtstuhl wie der Preikestolen auch genannt wird rückte dann imposant in unser Blickfeld. Ein mächtiger, gigantischer und spektakulärer Felsvorsprung....
Wir liefen dann noch die restlichen Meter zur Plattform hoch, schauten über den Abgrund in die Tiefe und schüttelte zu guter letzt noch unsere Köpfe über die Menschenschlange die da ganz geduldig und brav wartete, um auf dem imaginären X-Punkt zu stehen der auch ein Instagram-Hotspot ist und um dann genau dort an diesem "X" ihr Foto zu knipsen...
gibt bestimmt ein wahnsinnig gutes Bild, Titel könnte lauten: Mensch vs Nebelbank ;-)
Nach dem ganzen Affenzirkus suchten wir uns dann weit weg von allen anderen ein Platz zum frühstücken. Aber es dauerte echt keine 5 Minuten bis wir verfolgt wurden und uns ein Haufen wild gewordener Idioten fast wieder am Arsch klebten. Allen Anschein nach hatten die wohl das Gefühl etwas zu verpassen, falls sie uns nicht weiter so penetrant verfolgten... Als wir dann urplötzlich unerwartet stehen blieben waren die echt irritiert und wussten so ganz ohne "Führer" wohl nicht wo sie nun hin gehen sollten... Echt crazy was da so abging, normal ist das nicht, jedenfalls für uns nicht. Das hatte echt etwas von so einer Art Stasi Überwachungsaktion...
Overtourism Preikestolen
fast den ganzen Weg über wird man tatsächlich im wahrsten Sinne des Wortes eigentlich nur "hochgeschoben" Richtung Gipfel und später dann wieder bergab. 65.000 Menschen -Tendenz steigend- machen sich Monat für Monat auf die Reise zum Preikestolen...
Wer auf Karneval steht und wem sein höchstes Glück eine Polonaise ist, der kann sich hier bestens austoben auch jenseits der närrischen Tage. Hier ist wohl immer eine zünftige Faschingsgaudi im Gange...
Ich war echt geschockt wer sich da alles hochgeschleppt hat muss ich mal ehrlich sagen. 2 x hatte ich sogar meine Wanderstöcke ausgeliehen, vor lauter Mitleid als ich sah das zwei ältere Damen wohl kurz vor einem Nervenzusammenbruch standen. Es ging verdammt tiefe Stufen die in den Fels geschlagen waren nach unten, aber ohne irgendeiner Art Halt auf der rechten oder linken Seite. Die Frauen wurden zu meinem großen Entsetzen von niemanden beachtet, da kam keiner zu Hilfe der vielleicht mal auf die Idee kam die Hand auszustrecken das diese Hürden dann evtl. passierbar waren. Immer wieder sah ich auch Leute mit irgendwelchen ungeeigneten Schlappen rumlaufen, so als ob sie nur kurz zum einkaufen gehen wollten...
Die Bergrettung hat da schon einiges zu tun, mit Menschen die sich völligst überschätzt haben und zudem auch nicht richtig ausgerüstet sind... Preikestolen ist eine Bergtour und kein Spaziergang in einer Shoppingmall, auch wenn einige das vorher nicht wahrhaben wollten...
Es gab dort auch schon Zeiten, in denen die Polizei versuchte Herr über die Menschenströme zu werden. Naturschützer finden das übrigens schon lange sehr kritisch was dort ab geht. Die Natur verträgt nur ein gewisses Pensum an Besuchern und dort ist es eindeutig "to much"...
was bedeutet das für uns ?
hätten wir vorab gewusst was uns dort erwartet, dann hätten wir es wahrscheinlich einfach bleiben lassen. Die Landschaft dort ist echt eine Superlative, keine Frage, aber wir konnten es beim besten Willen nicht genießen, weder die Wanderung noch die Aussicht. Diese Menschenmassen ließen uns wahrlich kaum Luft zum atmen und nervten uns eigentlich nur ab...
Ich denke vielen ging es auch gar nicht um das wandern, sondern eigentlich nur um dieses beschisse Foto das sie unbedingt haben wollten von diesem Instagram-Hotspot. Sorry, aber das denke ich tatsächlich...
Eigentlich standen noch zwei weitere große Wanderhighlights auf unserem Programm, Trolltunga und Kjeragbolten in Norwegen, die wir aber nun "sausen" lassen.
Für uns hatte das nichts mit einer schönen Wanderung zu tun, wandern heißt für uns: eins sein mit der Natur, sich wohl fühlen und die Zeit auch zu genießen. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie sehr wir uns damals zurück nach Lappland gewünscht haben, zurück in die Einsamkeit von Laponia...
Fazit: Naturschauspiele & Touristenwahnsinn? no thx !!! Wenn wir Rummel wollen gehen wir dann doch lieber auf irgendeine Dorfkirmes im Notfall...
soooo das war es nun von unserem absolut tollen Wanderhighlight aus dem schönen Norwegen
see you soon
Grüße Manuela und Friedi
Travel-Experience (Montag, 27 März 2023 09:48)
@Carola... des einen Freud, des anderen Leid dieses Instagram... Die Parkranger z.B (auch bei vorher eher wenig besuchten Parks) haben teilweise echt zu kämpfen... verbringen Stunden vorm PC statts im Park, um User zur Vernunft zu bringen Bilder zu löschen oder mindestens die Koordinaten zu entfernen. Wenn die Grenze zum Overtourism erreicht ist und es nicht mehr vertretbar ist werden dann einzelne Wanderwege geschlossen. Das ist Fakt, auch in Deutschland... Und warum? Wegen diesem einen beschissenen Foto das so unglaublich viele "likes" hat und jeder unbedingt haben möchte, ohne Rücksicht auf "Verluste". Die Welt ist verrückt geworden...
Grüße
Carola (Sonntag, 26 März 2023 09:59)
Fluch Insta & Co
Das diese Wanderung solche Ausmasse hatte ist sehr sehr schade. Schön zu lesen Hilfsbereitschaft tut dies genauso kein Abbruch wie euer Humor den Guidetest abruppt abzubrechen. Rushhour UBahn in Ffm sieht ähnlich aus, aber da erwartet es man es auch. Nutzt eure tolle Ausrüstung auf Abseitswegen, tolle views gibt es überall, nur nicht Insta und Co einstellen, sonst beginnt dort auch der Run. Auf viele einsame Wege